Im Focus der Wissenschaft - Muskelfaszien
Forschungsstudie enthüllt neue Erkenntnisse über die Bedeutung der Faszien für Körperhaltung und Bewegung
Feste flächenartige Bindegewebe im Körper, so z.B. die weißfarbigen Muskelhüllen oder die sog. Sehnenplatten werden auch als Faszien bezeichnet. Bisher wurden diesen Faszien eher passive Eigenschaften zugeschrieben, und man zog beim Verständnis von Rückenschmerzen und anderen Störungen in Bewegungsapparat die Muskulatur, Knochen und Bandscheiben in Betracht. Im Gegensatz hierzu sah die Begründerin der Rolfing - Methode (Dr. Ida Rolf) in den Faszien den Schlüssel zu einem besseren Verständnis der meisten körperlichen Probleme. Im European Fascia Research Project , einer gemeinsamen Initiative der Universität Ulm und der Universität Bradford (England) wird seit September 2003 das dynamische Verhalten der Faszien erstmals systematisch untersucht. Unter Federführung der European Rolfing Association, die dieses Projekt initiierte, wurden hierbei einige interessante Erkenntnisse über die Bedeutung der Faszien für Körperhaltung und Bewegung gewonnen.
Die gewonnenen Befunde offenbaren, dass Faszien nicht nur der passiven Übertragung von muskulär erzeugten Kräften dienen, sondern sich auch selbst aktiv zusammen ziehen und entspannen können. In den menschlichen Faszien befinden sich Zellen, die sich bei Bedarf wie glatte Muskelzellen verhalten und das Gewebe zusammen ziehen können. Besonders ausgeprägt ist diese Fähigkeit in den Faszien, die mit der Aufrechterhaltung der Körperhaltung im Zusammenhang stehen.
Diese Erkenntnisse bieten einen neuen Erklärungsansatz dafür, warum es häufig chronisch verspannte Muskelgewebe gibt, beispielsweise im Nacken oder unteren Rücken, die selbst bei entspanntem Liegen oder im Schlaf noch als Verhärtungen ertastet werden können. Offenbar verfügt der Körper neben dem schnell veränderlichen und vom Zentralnervensystem gesteuerten Muskel-Bewegungssystem noch über ein zweites und langsameres System zur Spannungsregulation, welches eine sogenannte Hintergrundspannung der muskulären Faszien erzeugt. Viele körperlichen Beschwerden hängen offenbar mit einer unglücklichen Veränderung dieser bindegewebigen Hintergrundspannung zusammen, so zum Beispiel bei chronischen Versteifungen, Rückenbeschwerden oder chronischen Nackenspannungen. Die Erkenntnisse stützen nicht nur das Vorgehen der Rolfing -Methode in der Lösung dieser Verspannungen, sondern ermöglichen auch ein neuartiges Verständnis zahlreicher Störungen in Körperhaltung und Bewegung.